- Einblicke in den Planungsprozess am Beispiel der Wertungsprüfung Bosenberg
- Erfahrung, Fingerspitzengefühl und Detailgenauigkeit bestimmen die Planungen
- Teamwork als Erfolgsfaktor beim deutschen Lauf zur FIA Rallye-Weltmeisterschaft
München/Trier, 15. Mai 2015 – Die ADAC Rallye Deutschland ist ein Garant für spektakulären Motorsport. In diesem Jahr geht es auf 21 Wertungsprüfungen zur Sache. 374 Kilometer, die perfekt vorbereitet sein müssen, damit Weltmeister Sébastien Ogier, 2014-Sieger Thierry Neuville, Jari-Matti Latvala und die anderen WRC-Piloten ihre Höchstleistungen abrufen können. Entsprechend akribisch gehen Rallye-Leiter Alfred Rommelfanger und seine Stellvertreter Stefan Bayer und Franz-Rudolf Ubach die Planung der Wertungsprüfungen (WP) an. Eine Mission, die ein hohes Maß an Erfahrung, Fingerspitzengefühl und Detailgenauigkeit erfordert.
Abwechslung und regionale Vielfalt als Planungsprinzip
„Vor allem bei neuen Wertungsprüfungen oder solchen, die wir länger nicht im Programm hatten, ist der Planungsaufwand sehr hoch,“ erläutert Rommelfanger. „Das nehmen wir aber gerne in Kauf, um den Fans und den Teilnehmern immer wieder etwas neues zu bieten. Bei der Zusammenstellung der Prüfungen legen wir großen Wert auf regionale Vielfalt. Für dieses Jahr haben wir zum Beispiel nach einer neuen Herausforderung im Saarland gesucht.“ Das Ergebnis ist ein Comeback der anspruchsvollen Bosenberg-Prüfung nahe der Stadt St. Wendel, die zuletzt 2011 zur ADAC Rallye Deutschland gehörte.
Frühzeitiger Planungsbeginn und Nutzung von Synergien
Am Beispiel Bosenberg erläutert Alfred Rommelfanger den Ablauf bei der Planung einer neuen Wertungsprüfung: „Wir haben frühzeitig den ADAC Saarland eingebunden. Von den Kollegen kam dann auch die erste Empfehlung für Bosenberg. Es gibt dort gute Erfahrungen mit Rallyes auf Landesebene – etwa im Rahmen der Deutschen Rallye-Meisterschaft oder des ADAC Rallye Masters. Zudem hatte die Prüfung ja schon einmal ihre WM-Tauglichkeit bewiesen.“ Die ADAC interne Entscheidung für eine Wertungsprüfung Bosenberg fiel nach einer Besichtigung vor Ort. Federführend für die Planung des Streckenverlaufs ist hierbei der stellvertretende Rallye-Leiter Stefan Bayer.
Besondere Anforderungen für einen Weltmeisterschaftslauf
Kommt eine Wertungsprüfung in Betracht, folgen mehrere Ortstermine mit Beteiligung der verschiedenen Planungsgremien, zum Beispiel mit den Verantwortlichen für die Streckensicherung und die Zuschauerlenkung sowie mit der designierten WP-Leitung. Beim Verdichten der Planungen gibt es bestimmte Vorgaben zu beachten, erklärt Rommelfanger: „Das beginnt bei der Länge: Gemäß FIA soll die Gesamtlänge der Wertungsprüfungen bei mindestens 25% der Gesamtstrecke der Veranstaltung liegen.“ Neben solch festgelegten Kriterien spielt die Erfahrung der Planer eine entscheidende Rolle bei der Ausgestaltung. „Vor allem im Start und Zielbereich muss man eine entsprechend Infrastruktur schaffen, um das große Feld eines Weltmeisterschaftslaufs managen zu können. Gleiches gilt für die Zuschauerbereiche, die Parkplätze und die An- und Abfahrtswege – die ADAC Rallye Deutschland ist nun mal eine echte Großveranstaltung“, erläutert Rommelfanger.
Planung im Konsens mit den betroffenen Gemeinden und Behörden
Zeitgleich führt das Planungsteam der ADAC Rallye Deutschland die ersten Vorgespräche mit den beteiligten Gemeinden und Behörden. „Im Fall von Bosenberg war es natürlich ein Vorteil, dass die entsprechenden Stellen schon Rallye-Erfahrung haben. Bei einer komplett neuen WP, planen wir idealer Weise mit über einem Jahr Vorlauf: Dadurch geben wir den beteiligten Stellen die Gelegenheit, sich die ADAC Rallye Deutschland live vor Ort anzuschauen. Das erleichtert die Gespräche im Nachgang“, sagt der Rallye-Leiter. Steht die Streckenplanung von Seiten des ADAC, folgt der Prozess der offiziellen behördlichen Genehmigung. Hierbei finden insbesondere die Belange des Umwelt- und Naturschutzes sowie der Anwohner große Beachtung. Die Erfüllung aller Anforderungen ist eine Grundvoraussetzung zur Durchführung des deutschen Weltmeisterschaftslaufs.
Genehmigung des Streckenplans durch die FIA
Mindestens fünf Monate vor Veranstaltungsbeginn muss der soweit finalisierte Streckenplan zur Abnahme durch die FIA eingereicht werden. Das Dokument für die diesjährige ADAC Rallye Deutschland wurde dem Weltverband bereits Mitte März 2015 vorgelegt. „In der Regel gibt es hier keine Beanstandungen seitens der FIA. Gerade im internationalen Vergleich ist die Planung der ADAC Rallye Deutschland wirklich vorbildlich,“ so Rommelfanger. Zeitgleich mit der FIA-Einreichung erhalten auch die WRC-Teams den Streckenentwurf, um ihre Erfahrungen einbringen zu können. Während der FIA-Prüfung gehen die Planungen für den deutschen Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft unvermindert weiter: So wird unter anderem der Rallye Guide erarbeitet, das Road Book aufgenommen und zahlreiche weitere Planungsunterlagen erstellt.
Personalplanung für die einzelnen Wertungsprüfungen
In den Wochen und Monaten vor der Veranstaltung richtet sich das Hauptaugenmerk der Planer auf den Personaleinsatz bei den Wertungsprüfungen. Für die Streckensicherung setzt der ADAC dabei auf die Unterstützung seiner Regional- und Ortsclubs aus dem ganzen Bundesgebiet – aber auch aus dem benachbarten Ausland kommt regelmäßig tatkräftige Unterstützung. Der stellvertretende Rallye-Leiter Franz-Rudolf Ubach koordiniert insbesondere die Organisation und Lenkung der Zuschauerströme. Bei der Bewirtschaftung der Zuschauerbereiche sucht der ADAC bewusst die Beteiligung der jeweiligen Gemeinden, die diese Aufgaben meist über lokale Vereine, Gruppen und Betriebe organisieren.
Der Auf- und Abbau einer Wertungsprüfung
Wenige Tage vor Beginn der ADAC Rallye Deutschland entsteht die Wertungsprüfung schließlich durch die Arbeit der Auf- und Abbauteams. Für die WP Bosenberg mit einer Länge von gut 17 km wird das Team aus zahlreichen freiwilligen Helfern bestehen, die unter der Führung des WP-Leiters Ralf Brocker (MSC Obere-Nahe) exakt nach dem Plan der Streckensicherung vorgehen. Dabei gilt es, unzählige Schilder, kilometerlange Kunststoffzäune und weitere Absperrungen aller Art, zu den jeweiligen Punkten zu transportieren und dort zu installieren. Unmittelbar nach Durchfahrt des letzten Rallye-Fahrzeugs beginnt bereits der vollständige Rückbau. Die ADAC Rallye Deutschland verfolgt dabei das Ziel, dass die Natur nach einer Wertungsprüfung so intakt sein soll wie zuvor.
Teamwork als Schlüssel zum Erfolg
Die Wertungsprüfungen der ADAC Rallye Deutschland genießen seit jeher einen hervorragenden Ruf. Während die Teams vor allem die abwechslungsreichen, sportlichen Herausforderungen lieben, freuen sich die Fans über perfekte Bedingungen, um hochkarätigen Rallye-Sport live zu erleben. Diese Wertschätzung ist keine Selbstverständlichkeit, wie Rommelfanger betont, sondern das Ergebnis eines eingespielten Teamworks: „Die Entstehung einer Wertungsprüfung, ist auch für mich als langjährigen Rallye-Insider jedesmal wieder ein faszinierender Prozess. Von der ersten Idee über die Streckenplanung bis zur tatsächlichen Durchführung geht hier nichts ohne engagierte Menschen, die an einem Strang ziehen“, so das Fazit des Rallye-Leiters.