- Andrea Kimi Antonelli (Prema Racing) ist Meister 2022
- Erster Titelträger aus Italien
- 16-Jähriger zahlt Vertrauen von Toto Wolff, F1-Teamchef von Mercedes, zurück
München. Der neue Champion in der ADAC Formel 4 heißt Andrea Kimi Antonelli. Nach seinem großen Erfolg am Nürburgring kletterte der Italiener in den Diensten von Prema Racing aus dem Cockpit seines rund 180 PS starken Formel-4-Boliden und streckte die Fäuste in die Luft. Anschließend sprang er in die Arme seiner Mechaniker und Ingenieure, der Jubel am Nürburgring war grenzenlos. Durch seinen Sieg im vorletzten Rennen krönte sich der 16-Jährige zum neuen Meister in der Nachwuchsserie des ADAC.
Sein Erfolg ist kein Zufall, schließlich legte er den Grundstein für seinen ersten Titel in der Formel 4 bereits beim Saisonauftakt im belgischen Spa-Francorchamps: Auf der aktuellen Formel-1-Rennstrecke sammelte er seine ersten beiden Pole-Positions und nahm bereits zwei Mal den Siegerpokal in Empfang. Beim zweiten Saisonstopp am Hockenheimring Baden-Württemberg schrieb er Geschichte: Erstmals nach dem Norweger Dennis Hauger 2019 schaffte es ein Fahrer, alle drei Rennen zu gewinnen. Spätestens dort wurde klar, dass sich die Konkurrenten an Antonelli die Zähne ausbeißen würden. Mit neun Siegen und sieben ersten Startplätzen weist der neue Meister eine eindrucksvolle Bilanz in der Saison 2022 auf. Vor allem im Kampf gegen die Uhr war Antonelli kaum zu schlagen, schließlich holte er sich zu Saisonbeginn sieben Poles in Folge. Erst Taylor Barnard (18/GBR/PHM Racing) konnte die Erfolgsserie am Nürburgring stoppen. Das ungeschriebene Gesetz in der ADAC Formel 4 setzte auch Antonelli fort: Derjenige Fahrer, der das erste Saisonrennen gewinnt, wird am Ende auch Meister. Lediglich 2019 sorgte Gianluca Petecof (BRA) für eine Ausnahme, denn der spätere Champion hieß Theo Pourchaire (FRA). In der Geschichte der ADAC Formel 4 ist Antonelli der erste italienische Meister.
Dass er sich mit dem Motorsport-Virus infizierte, ist kein Zufall. Sein Vater, Marco Antonelli, besitzt einen eigenen Rennstall im GT-Sport. Ein Schlüsselerlebnis in seiner noch jungen Karriere folgte allerdings im April 2019: Dort wurde der damals 12-Jährige in den Junioren-Kader des Formel-1-Teams Mercedes-AMG berufen. „Als sie mich kontaktierten, war ich ziemlich überrascht. So einen Anruf bekommt man nicht jeden Tag, umso glücklicher war ich darüber“, sagt Antonelli. Unter der Obhut des Mercedes-Sterns stieg für ihn auch der Druck, der allerdings Größtenteils von ihm selbst ausgeht. Der Teenager ist bereits in jungen Jahren erfolgshungrig, ehrgeizig und auf der Rennstrecke eiskalt. Vor seiner Formel-Karriere gewann Antonelli zwei Mal in Folge die FIA Kart-Europameisterschaft und zahlte somit das Vertrauen von Mercedes früh zurück. Neben der finanziellen Unterstützung ist auch ein Coach Teil des Programms, denn ein Mann reist immer mit ihm zur Rennstrecke: Stephane Guerin. Der Franzose ist wie ein Schatten von Antonelli und folgt ihm auf Schritt und Tritt. „Er ist eine sehr große Stütze für mich und es ist schön, ihn dabei zu haben. Stephane hilft mir enorm in der Vor- und Nachbereitung der Rennen“, erklärt Antonelli.
Der stets gut gelaunte und selbstbewusste Lockenkopf aus dem italienischen Casalecchio di Reno, eine Gemeinde am Rande von Bologna, zeichnet zwar letztlich hinter dem Steuer seines Boliden verantwortlich, baut aber auf ein starkes und eingespieltes Team. „Im neuen Formel-4-Auto und vor allem innerhalb des Teams von Prema fühle ich mich pudelwohl. Zu den Mechanikern und Ingenieuren habe ich ein hervorragendes Verhältnis“, sagt Antonelli. Das ist auch der Grund, weshalb er sie als „kleine Puzzlestücke“ beschreibt, die ihn am „Ende schneller machen“. Selbst beim Vorstart zur eigentlichen Startaufstellung scherzt er noch und unterhält sich munter mit den Verantwortlichen seines Fahrzeugs, doch sobald er den Helm aufsetzt und das Visier herunterklappt, ist er extrem fokussiert und lässt seinen Konkurrenten kaum eine Chance.
Nach seinen Erfolgen gönnt sich der neue Champion unter der Sonne Italiens aber auch gelegentlich eine Verschnaufpause. „Neben dem Motorsport muss ich auch immer noch die Schule mit einbauen und viel Unterrichtsstoff nachholen, das ist nicht immer einfach. Für die Rennen trainiere ich auch ab und zu im ‚Gym‘, aber ich weiß auch, wann es genug ist. Ich brauche auch mal etwas Zeit für mich und meine Familie“, erklärt Antonelli. Und so legt er auch gerne mal die Füße hoch und entspannt sich, denn er kommt bestmöglich vorbereitet und mit vollen Akkus zur Rennstrecke. In der Ruhe liegt also die Kraft.
Kraft und eine extra Portion Motivation gibt ihm auch Toto Wolff. Der 50-jährige Österreicher ist Teamchef des Formel-1-Rennstalls von Mercedes und hat den Meister der ADAC Formel 4 bereits im Visier. „Ich erhalte nach jedem Rennwochenende eine Nachricht von Toto Wolff. Er ist sehr an meinen Leistungen interessiert und gratuliert mir regelmäßig zu meinen Erfolgen. Es ist toll, mit ihm in Kontakt zu stehen“, erklärt er sein Verhältnis zu Wolff.
Sein persönliches Ziel lautet Formel 1, mit dem Gewinn der Meisterschaft ist der erste Schritt bereits geschafft. Auf dem Weg dorthin lässt er sich von seinem großen Idol, dem dreimaligen Weltmeister Ayrton Senna, inspirieren. Antonelli ist voller Bewunderung für den Brasilianer, obwohl er aus einer ganz anderen Generation stammt. „Ich konnte ihn leider nie live sehen, aber die Faszination rund um Senna hat mich gepackt, als ich als kleiner Junge vor dem Fernseher einen Bericht über ihn gesehen habe. Seitdem ist er meine Inspirationsquelle und ich schaue mir viele Videos und Onboardaufnahmen an“, drückt Antonelli seine Bewunderung für Senna aus.
Die Sterne stehen gut, dass es der Meister von 2022 eines Tages in die Königsklasse schafft. Schließlich prangt auf seinem Helm und seinem rot-weißen Prema-Boliden das Mercedes-Symbol, als Verbindung zum Königsklassen-Team und als kleiner persönlicher Glücksbringer. Mit dem Titelgewinn in der ADAC Formel 4 bewies Antonelli nun, dass er dem Druck standhält und für weitere Herausforderungen bereit ist.