- Historische Zweiräder auf entspannter Tour in Österreich
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Rollendes Museum mit internationalem Flair
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Verkaufsschlager der Vergangenheit treffen auf Exoten
München. An den Ufern des Wolfgangsees im Salzkammergut startet am 27. Mai mit der ADAC Moto Classic 2019 ein rollendes Zweiradmuseum. Bis zum 30. Mai er-fahren dann mehr als 50 historische und klassische Motorräder die Traumstraßen der Region. Gut vier Tage lang ist der Klang der betagten Motoren für die Fahrer und Beifahrer reinste Maschinen-Musik, während die Zuschauer sich am Rand der Strecke am Chrom und den vielfältigen Formen der Motorrad-Klassiker erfreuen können.
Ob Ein-, Zwei- oder Vierzylinder, die Bandbreite der PS-Botschafter in Sachen Drehmoment und Design ist enorm. Das älteste Motorrad im Feld ist die BMW R42 von Peter Fast mit dem Baujahr 1927. Das bayrische Bike kostete damals stolze 1.510 Reichsmark. Mit ihren zwölf PS aus zwei Zylindern erreicht die R42 theoretisch eine Höchstgeschwindigkeit von 95 km/h – bei der ADAC Moto Classic dürfte die blau-weiße Dame aber deutlich entspannter unterwegs sein.
Das Honda GLX 1100 DX-Gespann von Reiner Schwarzkopf ist ein etwas jüngerer Hingucker. Mit 85 PS ist das japanische Kult-Motorrad mit dem Wohlfühlfaktor eines Fernsehsessels ausreichend motorisiert für das alpine Ambiente. Vierzylinder-Viertakt-Motor und entspannte Sitzhaltung machen aus dem mächtigen Dreirad von 1982 den richtigen Langstrecken-Gleiter für die sanft geschwungenen Straßen zwischen Wolfgangsee und Hallstätter See.
Helmut und Sylvia Steinbach halten bei der ADAC Moto Classic mit ihrer Motobécane 125 LT von 1972 die französische Trikolore hoch: 15 PS und zwei Zylinder reichen der zuverlässigen Französin für den Ausflug ins Nachbarland Österreich.
Eine ganz andere Tradition verkörpert die ebenfalls 1972 gebaute MZ ETS 150/1 von Friedhelm Sass. Die Maschine aus dem IFA Kombinat für Zweiradfahrzeuge Suhl gehört heute zu den gesuchten Klassikern der DDR-Motorradgeschichte. Für einige glückliche Ostdeutsche war der unverwechselbare Klang des Zweitaktmotors zur Zeit des Kalten Krieges ein Sound der persönlichen Freiheit. Bei der ADAC Moto Classic ist die seltene MZ heute eine höchst lebendige Erinnerung daran, dass auch jenseits des Eisernen Vorhangs findige Ingenieure zuhause waren.
Comic-Kultfigur „Werner“ schwor auf sie und eine kleine Fangemeinde tut es ihm gleich: Die Horex Regina war in den fünfziger Jahren ein Verkaufsschlager und erlebte durch die norddeutsche Comicfigur des Zeichner Rötger Feldmann alias „Brösel“ einen zweiten Frühling. Gleich zwei der legendären Bikes aus Bad Homburg sind bei der ADAC Moto Classic am Start. Und obwohl die Tour den Schwerpunkt auf das entspannte Krad-Wandern legt, würde Horex-Fahrer „Werner“ den Besitzern Willi Stümpfig und Johann Bauer beim Start bestimmt zurufen: „Das muss kesseln!“
„Tre mezzo sport“ – schon der Name der Moto Morini von Werner und Ute Stoll klingt nach begeisterten Tifosi und dem Erbe heiserer italienischer Motoren. Dabei bedeutet die lyrische Bezeichnung „tre mezzo“ nichts anderes als „Dreieinhalb“ und spielt auf den Hubraum von rund 350 Kubikzentimeter der bella macchina von 1976 an. Die leistungsgesteigerte „Sport“-Version sorgt auf jeden Fall für südländisches Zweirad-Flair im Kreis der ADAC Moto Classic-Oldtimer.
Auf einen prominenten Gleichgesinnten darf Klaus Heseler mit seiner Triumph TR5 Trophy von 1949 zurückblicken. Niemand anderes als Teenie-Idol James Dean schwärmte ebenfalls für das robuste 500 ccm-Motorrad, dessen Motor in Teilen auf einen simplen Generator zurückgeht, den der Hersteller aus den britischen Midlands zu Kriegszeiten entwickelt hatte. In der Offroad-tauglichen Nachkriegskonstruktion der TR5 kamen die profanen Teile zu höchsten Ehren: Drei Pokale beim italienischen Sechstage-Tage-Trial 1948 verhalfen dem Serienmodell zu seinem sportlichen Beinamen. Bei der ADAC Moto Classic 2019 am Nordrand der Alpen wird der Briten-Brummer allerdings eine deutlich ruhigere Kugel schieben können.
Denn bei der Oldtimerwanderung lautet das Motto auch in diesem Jahr: Reisen statt rasen. Keine Stoppuhr hetzt die klassischen Bikes, kein Roadbook muss mühsam durchgearbeitet werden. Stattdessen: Spaß am Lenker und auf dem Sozius. Ziel ist die Entschleunigung von Mensch und Maschine. So können die Teams in ihren rollenden Schätzen die Umgebung samt Kunst, Kultur und Kulinarik bewusst wahrnehmen.