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21.11.2011 - ADAC Formel Masters
Pascal Wehrlein: Schwaben-Bub mit Biss
Vor sieben Wochen endete die Saison 2011 des ADAC Formel Masters mit
Pascal Wehrlein (ADAC Berlin-Brandenburg) an der Tabellenspitze, doch bis zur
Übergabe des Meisterpokals musste sich der 17-jährige Worndorfer gedulden:
Erst am vergangenen Samstag (19. November) erhielt er die begehrte Trophäe
aus den Händen von ADAC Sportpräsident Hermann Tomczyk bei der ADAC
SportGala in München. Wehrlein ist der vierte Champion der seit 2008
ausgetragenen Formelschule – ein Porträt des Vorzeigeschülers, der von der
ADAC Stiftung Sport gefördert wird.
Ah ja, der Wehrlein – in seinem knapp 700 Einwohner zählenden Heimatort
Worndorf in der tiefen schwäbischen Provinz und den Nachbargemeinden ist der
neue ADAC Formel Masters-Champion durch seine Erfolge auf der Rennstrecke
zu gewisser Berühmtheit gelangt. Man kennt den Teenager, der am 18. Oktober
17 Jahre alt geworden ist, als freundlichen, zurückhaltenden jungen Mann. Auf
der Rennstrecke hat er sich in diesem Jahr von einer anderen Seite gezeigt:
Zielstrebig und durchaus auch mit einer Prise Kompromisslosigkeit hat er
insgesamt acht Siege eingefahren und sich souverän den Titel im ADAC Formel
Masters 2011 gesichert.
Den Respekt der Gegner erkämpft
„Der Titelgewinn war mein Saisonziel“, so Wehrlein in Schwäbisch-freiem
Hochdeutsch. „Dass ich diesen aber gegen so starke Konkurrenz vorzeitig
gewinnen konnte, freut mich besonders.“ Der Vorsprung des ADAC Stiftung
Sport-Förderpiloten in der Tabelle hätte sogar noch deutlicher sein können, wenn
er sich nicht die eine oder andere Strafe eingehandelt hätte, zum Teil wegen zu
harter Gangart auf der Strecke, wie die Sportkommissare befanden. Das sei im
Nachhinein betrachtet etwas ärgerlich, gibt er zu, habe ihm aber den Respekt der
Konkurrenz eingebracht. „Es ist hilfreich, wenn sich die Gegner zweimal
überlegen, ob sie sich auf ein Duell mit mir einlassen“, erklärt der ehrgeizige
Jungrennfahrer. Dass Wehrlein ein Fan des ebenfalls zweikampfstarken Formel-
1-Champions Lewis Hamilton ist, soll dabei nicht unerwähnt bleiben. „Es macht
einfach Spaß, ihn bei seinen mutigen Überholmanövern im Fernsehen
zuzuschauen“, begründet Wehrlein seine Sympathien. Ein anderes Vorbild ist
Formel-1-Rekord-Weltmeister Michael Schumacher. „2009 bin ich in seinem Kart-
Team gefahren und habe mich ein paar Mal mit ihm unterhalten. Er ist eine
eindrucksvolle Persönlichkeit mit einer unvergleichlichen Motorsport-Bilanz.“
Pokal-Flut überschwemmt Wehrleins Elternhaus
2003 bestritt Wehrlein die erste komplette Rennsaison im Hallen-Kartsport,
nachdem er beim gemeinsamen Formel-1-Schauen mit seinem Vater Richard mit
dem Motorsport-Virus infiziert worden war. 2005 ging es nach draußen auf die
Rundstrecke. Nach vielen Siegen und Titelgewinnen folgte 2010 der Aufstieg in
den Formel-Sport. Um sich voll auf die neue Aufgabe zu konzentrieren, beendete
er seine aktive Fußballer-Laufbahn als Stürmer. Auch seine anderen Hobbys wie
Snowboarden und Tischtennis stellte er hintenan. Diese Konsequenz zahlte sich
aus: In seiner ersten ADAC Formel Masters-Saison fuhr er unter Bewerbung des
ADAC Berlin-Brandenburg und technischer Betreuung von Mücke Motorsport
einen Sieg und drei Podestplätze ein. In der Abschlusstabelle 2010 belegte der
Debütant Platz sechs. Im April 2011 startete der Teenager mental gefestigt und
mit dazugewonnenem Selbstbewusstsein in seine zweite Saison. Die Pokal-
Sammlung im Worndorfer Elternhaus, in dem der Feinmechaniker-Lehrling immer
noch wohnt, wuchs vom Start weg an. „Die Trophäen verteilen sich schon in allen
Zimmern, in Vitrinen, auf Regalen und Anrichten und selbst auf dem Klavier“, so
Wehrleins Wasserstandsmeldung in Sachen Auszeichnungen. Außerdem klebt er
sich für jeden Rennsieg einen „Smiley“ auf die Karosse seines 145 PS starken
Formel ADAC powered by Volkswagen – auch dort wurde der Platz 2011
langsam eng.
Lob vom Team
„Pascal ist mit unheimlich viel Talent gesegnet – und mit einem sensiblen
‚Popometer‘“, verrät sein Renningenieur Michael Häntschel. „Er kann für einen so
jungen Rennfahrer eine sehr gute technische Rückmeldung geben und so
entscheidend bei der Abstimmung mithelfen. Letztes Jahr fehlte es ihm noch
etwas an Erfahrung und auch an Abgeklärtheit. 2011 ist er lockerer und kann
auch besser mit Kritik umgehen.“ Und was ist der Hauptkritikpunkt? Häntschel:
„Es kommt schon mal vor, dass sich Pascal auf seinem Erfolg ausruhen will.
Dann muss man ihn anschubsen.“
Wehrlein war immer einer der Jüngsten im Feld
Wo immer Wehrlein debütierte, stets gehörte er zu den jüngsten Fahrern im Feld
– das verlockt zu Vergleichen mit Sebastian Vettel. Der amtierende Formel-1-
Weltmeister hatte seinen 17. Geburtstag allerdings bereits gefeiert, als er sich
2004 – wie Wehrlein mit dem Team Mücke Motorsport – den Titel in der Formel
BMW ADAC sicherte, der Vorgängerserie des ADAC Formel Masters. Und auch
Vettel zählte wie heute Wehrlein zum Förderkader der ADAC Stiftung Sport.
Noch ist die Formel 1 und die Nachfolge auf Vettels Thron Wehrleins Traumziel.
Aber seine Erfolge sprechen sich auch in wichtigen überregionalen Medien
bereits herum. Unlängst stufte die „Sport Bild“ Wehrlein als eines der größten
Motorsport-Talente Deutschlands ein. Apropos Medien: Bei Lehrgängen der
Deutschen Post Speed Academy hat er sich unter anderem unter Anleitung von
„Mr. Boxengasse“ Kai Ebel fit gemacht im Umgang mit der Presse. Wichtige
Unterstützung erhält Wehrlein auch von seinen Eltern: „Sie stehen voll hinter mir
und begleiten mich so oft es geht an die Rennstrecke. Sie üben aber nie Druck
aus“, so Wehrlein, der seinen dunklen Teint und seine schwarzen Locken seiner
aus Mauritius stammenden Mutter Chantal verdankt. Sie verfolgt die Rennen
ihres schnellen Sohnes stets mit vor Aufregung leicht erhöhtem Puls. Und vor
jedem Einsatz gibt sie ihm ein mütterliches „Fahr vorsichtig“ mit auf den Weg.
Zum Leidwesen der Konkurrenz hält sich Wehrlein nicht immer hundertprozentig
an Mutters Ratschlag ...zurück zur Übersicht