- Schweizerin debütiert 2020 in der „Liga der Supersportwagen“
- De Silvestro: „Die härteste und coolste GT-Rennserie“
- 31-Jährige verfügt über Formel-1-, IndyCar- und Formel-E-Erfahrung
München. Sie gilt als eine der besten Rennfahrerinnen weltweit, fuhr schon beim Indy 500 und schnupperte Formel-1-Luft. In diesem Jahr bereichert die Schweizerin Simona De Silvestro (31) erstmals das ADAC GT Masters und will im Porsche 911 GT3 R des KÜS Team75 Bernhard auch in der „Liga der Supersportwagen“ für Aufsehen sorgen. Ein Porträt der Porsche-Werksfahrerin.
Die 500 Meilen von Indianapolis, das Bathurst 1.000 in Australien oder Runden im Formel-1-Boliden – dies sind nur einige Highlights der bisherigen Karriere von Simona De Silvestro – alles Einsätze, von denen die meisten Rennfahrer träumen. Nach mehreren Jahren in den USA und Australien kehrt die Schweizerin nun wieder nach Europa zurück und wagt den Schritt in das ADAC GT Masters und in den GT3-Sport. Wie kam es dazu? „Ich habe Ende 2019 einen Vertrag mit Porsche unterschrieben und bin als Test- und Entwicklungsfahrerin in das Formel-E-Projekt involviert. Aber es war wichtig, dass ich auch Renneinsätze bekomme. Da das ADAC GT Masters sehr attraktiv ist und im Team von Timo Bernhard ein Platz frei war, hat sich das Ganze dann fast wie von selbst ergeben“, erklärt De Silvestro. „Ich bin megahappy mit der Entscheidung, jetzt hier zu starten. Ich habe mit vielen anderen Fahrern über die Serie gesprochen, und alle sagen, dass es die härteste und coolste GT-Rennserie ist. Zudem bin ich in den vergangenen zwölf Jahren fast nur in Übersee gefahren, da macht es Spaß, wieder in Europa zu attackieren. Ich freue mich riesig darauf.“
Den Schritt in die weite Motorsportwelt macht De Silvestro schon früh in ihrer Karriere. „Ich war schon als kleines Kind ein großer Rennsportfan“, blickt sie zurück. „Mein Vater besitzt ein Autohaus und er hat immer Formel 1 geschaut. Ich war davon auch schnell fasziniert. Als ich sechs Jahre alt war, hat er mal eine Kart-Demonstration veranstaltet. Ich habe ihn danach immer damit genervt, dass ich auch mal fahren möchte. Ich bin dann schließlich zehn Jahre Kart gefahren und nach meiner ersten Saison im Formelsport hat es mich 2006 bereits in die USA verschlagen, weil ich einen amerikanischen Sponsor gefunden hatte.“
Nach Siegen und Podestplätzen in der Formel BMW und Formel Atlantic werden schon bald IndyCar-Teams auf die schnelle Eidgenossin aufmerksam. Auch dort glänzt sie: 2010 wird sie beim Saisonhöhepunkt Indy 500 „Rookie of the Year“ und erzielt einige Top-Fünf-Platzierungen. Als eine von nur drei Frauen in der Geschichte der Serie schafft sie es 2013 in Houston als Zweite sogar auf das Podium. Spätestens jetzt ist auch das Schweizer Formel-1-Team Sauber von ihrem Talent überzeugt und verpflichtet sie für 2014 als Testfahrerin. Zwar darf sie im Grand-Prix-Boliden Runden drehen, doch aus Budgetgründen scheitert das Projekt vorzeitig. „Das war für mich ein harter Einschnitt“, gibt De Silvestro zu. „Denn die Formel 1 ist das, wohin eigentlich jeder möchte.“ De Silvestro kehrt danach kurz in die IndyCar-Serie zurück, ehe 2015 und 2016 mehrere Starts in der Formel E anstehen. Danach beginnt für sie ein neues Karriere-Kapitel: Das Ziel heißt jetzt Australien und die dortige V8-Supercars-Meisterschaft, die populärste Rennserie „down under“. Die Schweizerin startet dort von 2017 bis 2019 und ist seit mehr als vier Jahrzehnten die erste Frau, die als Stammpilotin antritt.
„Wenn ich ein wenig zurückblicke, habe ich bisher im Motorsport wirklich coole Sachen erlebt. Fünf Mal in Indianapolis oder in Bathurst zu starten war schon toll“, so die 31-Jährige. „Ich habe wirklich Glück gehabt, dass ich solche Events und andere Kulturen kennengelernt habe. Aber im Motorsport passieren so viele Dinge, man weiß nie, wohin die Reise geht. “
Nun steht in dieser Saison das ADAC GT Masters an, in dem sich De Silvestro im Team des zweifachen Langstrecken-Weltmeisters Timo Bernhard einen Porsche mit Serienroutinier Klaus Bachler (28/A) teilen wird. „Es wartet viel Neues auf mich“, gibt sie zu. „Das wird sicher eine Challenge. Die Serie kenne ich nur aus dem Fernsehen, das Auto und die Pirelli-Reifen sind neu und bis auf Hockenheim und Zandvoort sind auch die Strecken für mich Neuland.“ Die bisherige GT3-Erfahrung der Rennfahrerin aus Thun ist überschaubar: 2018 startete sie in einem Acura bei den 24 Stunden von Daytona. „Natürlich waren damals das Auto und die Reifen ganz anders als heute“, sagt De Silvestro. „Aber ich habe dabei bereits das Renn-ABS kennengelernt, was ich bis dahin von anderen Rennwagen nicht kannte. Es ist gut, dass ich damit schon etwas Erfahrung gesammelt habe. Ich muss nicht bei ganz null anfangen und weiß schon, worauf ich aufpassen muss. Wir werden mit dem KÜS Team75 Bernhard bald das erste Mal testen gehen. Ich bin schon sehr gespannt. Aber ich bin sicher, dass es mega Spaß machen wird.“
De Silvestro vertraut bei ihrem Lernprozess auch auf ihren Teamchef und seine Mannschaft: „Ich habe ein gutes Team um mich und mit Timo einen idealen Lehrmeister. Ich habe Leute um mich, die sich auskennen und viel Erfahrung besitzen. Klaus Bachler kenne ich auch bereits und wir verstehen uns gut. Ich bin also in besten Händen.“
Den Saisonauftakt in Oschersleben Ende April kann sie kaum erwarten: „Das wird sicher ein Highlight. Man kann sich natürlich umfangreich vorbereiten, aber dann geht es endlich los und man weiß, wo man steht und woran man noch arbeiten muss, um sich weiter zu verbessern.“
Was ihre Saisonziele angeht, hält sich De Silvestro noch bedeckt: „Druck ist schon da, denn natürlich schaut Porsche darauf, was ich mache. Aber es ist momentan noch schwierig zu sagen, welche Resultate möglich sind. Wir haben bisher noch nicht einmal einen Test absolviert und die Konkurrenz kenne ich auch nicht. Nach dem ersten Test wissen wir sicher mehr. Ich möchte an allen Rennwochenenden natürlich das möglichst Beste rausholen. Wenn wir alles richtig machen, haben wir mit dem Auto und Klaus als Teamkollegen ein Paket mit guten Chancen auf vordere Platzierungen.“