- Das Porsche-Duo spricht über den Fahrertitel 2020 in der ADAC GT4 Germany
- Kasperlik und Møller Madsen konnten vier Laufsiege erzielen
- Nach zwölf Rennen hatten sie einen Punkt Vorsprung
München. Jan Kasperlik (41/Huglfing) und Nicolaj Møller Madsen (27/DNK, beide Team Allied-Racing) sind die Champions der ADAC GT4 Germany. Mit vier Saisonsiegen im Porsche 718 Cayman GT4 holte das bayerisch-dänische Duo die meisten Saisonsiege, verhalf Allied-Racing zum Titel in der Teamwertung und durfte mit etwas Verspätung auch noch über den Fahrertitel jubeln. Im Doppelinterview lassen die neuen Champions ihre Saison 2020 nochmals Revue passieren.
Ihr habt 2020 den Titel in der ADAC GT4 Germany geholt. Wie wertet Ihr diesen Triumph in Bezug auf Eure bisherige Karriere ein?
Jan Kasperlik: „Es ist natürlich etwas ganz Besonderes, eine Meisterschaft zu gewinnen. Das hat einen sehr hohen Stellenwert. Für mich persönlich sind jedoch einzelne Laufsiege emotionaler. Diese bleiben mir tatsächlich etwas mehr in Erinnerung. Es sind einzelne Momente, die ein Leben prägen. Eine Meisterschaft ist letzten Endes eine Summe aus einzelnen Momenten.“
Nicolaj Møller Madsen: „Ich hatte auch schon im GT3-Bereich und im Kartsport tolle Ergebnisse. Im GT4 ist es aber auf jeden Fall mein größter Erfolg. Ich gewann auch schon den Silver Cup in der GT4 European Series. Nun in der ADAC GT4 Germany ist es jedoch der Gesamt-Titel. Es ist zudem speziell, den Titel mit einem neuen Team und einem neuen Auto zu gewinnen.“
Was war für Euch beide der Schlüssel zum Titelgewinn?
Kasperlik: „Bei neun beendeten Rennen, standen wir achtmal auf dem Podium und konnten vier Siege holen. Das schaffte sonst keiner und zeigt, wie stark wir unterwegs waren. Wenn wir durchkamen, gehörten wir zu den Schnellsten.“
Møller Madsen: „Normalerweise gewinnt man Titel mit Beständigkeit. Doch bei dreimal null Punkten war das bei uns dieses Jahr nicht der Fall. Der Schlüssel war ganz klar, dass wir Rennen gewonnen haben. Wenn man nicht beständig ist, muss man Rennen gewinnen und dadurch die maximalen Punkte einfahren. Genau das haben wir gemacht. Außerdem haben wir nie aufgegeben.“
Wann habt Ihr erstmals daran geglaubt, dass es mit dem Titel klappen könnte?
Kasperlik: „Wir wussten schon vor der Saison, dass unsere Fahrerpaarung stark sein würde. Das hatten die Tests bewiesen. Zu diesem Zeitpunkt waren wir aber nicht so vermessen, um sagen zu können, dass es für den Titel reicht. Wir ahnten aber, dass wir vorne mitfahren könnten.“
Møller Madsen: „Schon nach dem ersten Rennwochenende auf dem Nürburgring waren wir ziemlich sicher, dass es etwas werden könnte. Das hat sich nach dem Hockenheimring noch verstärkt. Am Sachsenring hatten wir etwas Pech und im Anschluss sogar das Saisonziel angepasst. Wir sagten uns damals, dass wir wenigstens noch in die Top Drei kommen wollen. Vor dem Finale in Oschersleben befanden wir uns aber wieder voll im Titelrennen. Wir sind dort hingefahren und wollten das Beste herausholen. Das hat am Ende geklappt.“
Gab es besondere oder außergewöhnliche Glückwünsche zum Titel?
Kasperlik: „Mich persönlich hat total beeindruckt, wie die Bürger in unserem Landkreis über unsere Erfolge Bescheid wussten. Hierzu ein Beispiel: Unser Werkstattchef hatte sich ein Haus angeschaut und bekam vom Immobilienmakler zum Meistertitel gratuliert. Der Moment, als er mir das erzählte, empfand ich als ganz besonders.“
Møller Madsen: „Für mich war es eine große Sache, dass Porsche uns mit einem Brief gratulierte. Außerdem war es schön für mich, die glücklichen Gesichter der Teammitglieder zu sehen, als klar wurde, dass wir Champion sind. Alle im Team haben diesen Titel verdient.“
Abgesehen vom Titelgewinn, was war Euer ganz persönlicher Höhepunkt in der Saison 2020?
Kasperlik: „Der Laufsieg auf dem Red Bull Ring blieb im Kopf. Wir hatten den Sieg eigentlich schon abgeschrieben, bevor dem Führenden in der vorletzten Kurve der Sprit ausging. Das hat gezeigt, dass es sich immer lohnt, bis zum Ende dran zu bleiben und nicht locker zu lassen. Genau mit dieser Einstellung kommen die Erfolge.“
Møller Madsen: „Wie bei Jan war es auch bei mir das Sonntagsrennen auf dem Red Bull Ring. Wir fuhren von Startplatz 18 zum Sieg. Das war ein wichtiger Moment für mich, da ich zuvor ein schwieriges Samstagrennen hatte. Ich musste mir und dem Team einfach etwas beweisen. Und das hat am Ende tatsächlich funktioniert. Auch meine Pole-Position auf dem Lausitzring mit einer dreiviertel Sekunde Vorsprung war außergewöhnlich.“
Was war denn Euer Tiefpunkt der Saison?
Kasperlik: „Ganz klar das Rennwochenende auf dem Sachsenring. Das war einfach nur die totale Hölle. Wir hatten am Freitag kein Set-up gefunden. Abends stellte sich heraus, dass ein Dämpfer kaputt war. Wir wussten also nicht, wo wir stehen. Das hat sich dann durch das Rennwochenende gezogen. Auch verschuldet durch einen Unfall holten wir in beiden Rennen keine Punkte. Eigentlich mag ich den Sachsenring. Aber dieses Jahr hatten wir dort einfach kein Glück.“
Møller Madsen: „Natürlich war der Sachsenring schwierig. Aber für mich persönlich war der Samstag auf dem Red Bull Ring der Tiefpunkt der Saison. Ich war auf Platz vier und machte einen blöden Move. So brachte ich uns in eine schlechte Situation. Als Fahrer ist es immer ärgerlich, wenn man weiß, dass man etwas hätte anders lösen können. Ich habe aus dem Tag jedoch viel gelernt.“
Die Teammeisterschaft habt ‚Ihr beim Finale in Oschersleben eingefahren, doch die Entscheidung in der Fahrerwertung ist erst am grünen Tisch gefallen. Wenn überhaupt, wie konntet Ihr die Meisterschaft feiern?
Kasperlik: „Es ist natürlich schade für Hofor Racing by Bonk Motorsport und deren Piloten nachträglich den Titel noch abgeben zu müssen. Wir erfuhren davon, als wir uns beim Testen in Portimão befanden. Im Rahmen von „Social Distancing“ feierten wir kurz im Team und genossen den Erfolg. Ausgelassene Freude kam aufgrund der Umstände aber nicht auf.“
Møller Madsen: „Wie Jan schon sagte, war es eine merkwürdige Situation. Im Team hatten wir abends gemeinsam etwas getrunken und währenddessen die Jahresabschlussfeier von Porsche über Stream angeschaut.“
Was zeichnet Deinen Teamkollegen ganz besonders aus?
Kasperlik: „Nicolaj und ich sind uns recht ähnlich und passen menschlich sehr gut zusammen. Wir haben beide den unbändigen Siegeswillen und können auch über unsere Grenzen hinausgehen. Sein Ehrgeiz und sein Streben hin zur eigenen Perfektion machen ihn besonders. Er ist auch ein super Teamplayer und ein richtig guter Typ.“
Møller Madsen: „Jan ist einfach nur ein Nerd. Er ist ein technisch überaus analytischer Rennfahrer. Ich dachte von mir immer schon, dass ich gerne über Set-up-Daten spreche, aber Jan ist da noch viel extremer. Er hat eine absolut professionelle Einstellung. Außerdem ist er schon 41 Jahre alt und dazu ein Bronze-Fahrer. Doch trotzdem fighteten wir auf dem Level der Silber-Paarungen. Es ist einfach nur beeindruckend, wie hart er in allen Bereichen an sich arbeitet.“
Was steht bei Euch in der Winterpause an?
Kasperlik: „Ich habe das Glück, in einer Urlaubsregion mit Bergen und Seen zu leben. Somit muss ich gar nicht wegfahren, um Natur und Landschaft genießen zu können. Viel Zeit zum Abschalten habe ich aber sowieso nicht, da wir gerade die Strukturen für 2021 hochziehen und das Team noch weiter vergrößern.“
Møller Madsen: „Ich werde ein paar schöne Tage mit meiner Familie verbringen. Es ist gerade eine sehr spezielle Zeit, da wir im März Nachwuchs erwarten. Grundsätzlich nutze ich die Winterpause für intensives Training. Ich werde viel Fahrrad fahren und möchte in einer guten Form in die neue Saison gehen.“
Zum Schluss natürlich die noch spannendste Frage, werdet Ihr 2021 in die ADAC GT4 Germany zurückkehren, um den Titel zu verteidigen?
Kasperlik: „Das Team Allied-Racing ist 2021 natürlich wieder in der ADAC GT4 Germany am Start. Die Fahrerpaarung Kasperlik/Møller Madsen wird es aber nicht mehr geben, da ich ins GT3-Auto wechsle. Ich kann aber schon versprechen, dass Nicolaj auf jeden Fall wieder mit dabei sein wird und auch mit der Startnummer 1 antritt.“
Møller Madsen: „Ich freue mich schon sehr, 2021 wieder in der ADAC GT4 Germany zu fahren. Mit meinem neuen Teamkollegen werde ich erneut um den Titel kämpfen können. Die Titelverteidigung ist das ganz große Ziel. Es ist zudem eine wirklich coole Sache, die Startnummer 1 führen zu dürfen. Aber natürlich bringt die Nummer 1 auch gleich schon eine gewisse Portion an Druck mit sich.“